Herr Rothmann,
seit dem 01.01.2018 sind Sie im Fachbereich I der Stadtverwaltung Wipperfürth als Sachbearbeiter für den Bereich Brandschutz tätig.
1. Was genau gehört zu Ihrem neuen Aufgabenbereich?
Ich bin für die Beschaffung von Fahrzeugen und Geräten für die Feuerwehr sowie die Beschaffung von Dienstkleidung für die Kameradinnen und Kameraden zuständig. Zu meinen Aufgaben gehört auch der vorbeugende Brandschutz und die Brandschutzerziehung, Brandschauen und die Leitung von Einsätzen im gesamten Stadtgebiet.
2. Bereits zum 01.07.2015 wurden Sie zum Wehrführer ernannt. Was darf man sich genau unter dieser Bezeichnung vorstellen?
Die genaue Bezeichnung lautet mittlerweile „Leiter der Feuerwehr“. Das sagt eigentlich schon alles aus: Ich bin Ansprechpartner und verantwortlich für ca. 250 aktive Feuerwehrkameradinnen und –kameraden in Wipperfürth. Gibt es einen überörtlichen Einsatz in einem anderen Gemeindegebiet, unterstütze ich die dortige Einsatzleitung.
3. Welchen Berufswunsch hatten Sie denn als Kind – vielleicht Feuerwehrmann?
Nein (lacht), das war bei mir nicht so. Da ich meinen Vater früher oft auf Baustellen begleitet habe, wollte ich als Kind Baggerfahrer werden. Maschinen zu bedienen hat mich immer schon begeistert.
4. Welche Berufsausbildung haben Sie dann tatsächlich nach der Schule absolviert?
Ich habe eine Ausbildung als Maurer gemacht und hatte ursprünglich geplant, im Anschluss noch den Meister zu machen. Dann kam aber ein Angebot der Firma HEW, wo ich ca. zwölf Jahre als Betriebs-Maurer arbeitete, bis die betriebseigene Handwerkerkolonne aufgelöst wurde. 2001 bin ich dann zum Bauhof der Stadt gekommen.
5. Wann haben Sie bei der Feuerwehr angefangen und wie sind Sie überhaupt zur Feuerwehr gekommen?
Damals gab es noch keine Jugendfeuerwehr, so wie es sie heute gibt. 1986, als ich 18 Jahre alt wurde, bin ich in die Löschgruppe Kreuzberg eingetreten. Freunde waren zu dem Zeitpunkt auch schon bei der Feuerwehr aktiv. Das Kameradschaftliche in der Gruppe war und ist mir auch heute noch sehr wichtig.
6. Wann war Ihr erster Einsatz als Feuerwehrmann?
Das war schon relativ kurz nach meinem Eintritt in die Freiwillige Feuerwehr, 1986. Bei meinem ersten Einsatz ging es zu einer Personensuche an die Neye-Talsperre.
7. Wie wichtig ist das Gesundheitsmanagement heutzutage bei der Feuerwehr? Was wird konkret angeboten?
Das fängt zum Beispiel schon bei der Reinigung der Einsatzkleidung an: In der Feuerwache in Wipperfürth gibt es eine spezielle Waschmaschine mit einem besonderen Reinigungsprogramm. Die Einsatzkleidung ist nach einem Brandeinsatz oft stark verrußt. Das schafft eine handelsübliche Waschmaschine zu Hause nicht. Daher wird die Kleidung zentral gereinigt. Nach ca. zwei bis drei Tagen ist die Kleidung dann wieder einsatzbereit. Notfalls haben wir Ersatzkleidung.
Früher gab es eine Sportgruppe, die sich regelmäßig in der Turnhalle zum Zirkeltraining getroffen hat. Die Teilnahme wurde mit der Zeit aber immer geringer. Heute organisiert sich da eigentlich jeder selbst. Alle aktiven Feuerwehrleute in Wipperfürth haben eine Schwimmkarte, um kostenfrei das Walter-Leo-Schmitz-Bad nutzen zu können. Eine Gruppe aus Kreuzberg mit fünf, sechs Leuten nutzt das sehr gerne und fährt regelmäßig zum Schwimmen dorthin.
Wenn sich jemand mal körperlich nicht fit genug fühlt -wegen einer Grippe oder Erkältung-, um bei einem Einsatz mit schwerem Atemschutzgerät in ein Gebäude zu gehen, muss er oder sie auch so ehrlich sein und das dem Löschgruppenführer sagen.
Wenn wir bei einem Einsatz feststellen, dass die seelische Belastung sehr hoch ist, wird über die Leitstelle noch während des Einsatzes das PSU-Team (Team zur psychosozialen Unterstützung, Anmerkung der Redaktion) hinzugerufen. Das sind speziell geschulte Fachleute, mit denen die beteiligten Einsatzkräfte bei Bedarf intensive Gespräche führen können. Es steht auch immer ein Notfallseelsorger für uns bereit.
8. Müssen Feuerwehrleute regelmäßig Fortbildungen besuchen?
Die Übungsabende, die meistens einmal pro Woche oder alle 14 Tage stattfinden, sind Pflichtaufgabe für die Kameradinnen und Kameraden, weil es dort theoretische und praktische Übungen gibt. Darüber hinaus werden auch Workshops am IDF (Institut der Feuerwehr) in Münster angeboten, wenn sich jemand in einem bestimmten Bereich besonders spezialisieren möchte. Nimmt jemand gar nicht mehr an den Übungsabenden teil, muss er irgendwann Stellung beziehen. Es kann ja vorkommen, dass jemand bei der Arbeit oder privat, z. B. durch einen Hausbau, sehr eingespannt ist. Dann gibt es die Möglichkeit, eine vorübergehende Beurlaubung auszusprechen.
9. Welche halten Sie für die wichtigsten Eigenschaften einer aktiven Feuerwehrfrau bzw. eines aktiven Feuerwehrmanns?
Feuerwehrleute sollten ehrlich, kameradschaftlich, verlässlich und belastbar sein.
10. Legt man einen bestimmten Eid ab?
Nein. Es gibt aber natürlich Rechte und Pflichten. Die ergeben sich aus dem BHKG, das ist das Gesetz über den Brandschutz, die Hilfeleistung und den Katastrophenschutz.
11. Wann war Ihr letzter Einsatz? Worum ging es?
Mein letzter Einsatz war um Karneval herum, da gab es eine Brandmeldung bei HEW-KABEL. Ach ja, danach gab es noch einen anderen Einsatz mit der Durchsage: „Brennt LKW“. Ein Sperrmüllwagen hatte Feuer gefangen.
12. Erinnern Sie sich besonders gerne an einen bestimmten Einsatz, nach dem Sie besonders zufrieden mit Ihrer eigenen Leistung bzw. mit der Leistung Ihres gesamten Teams waren?
Da fällt mir der ABC-Einsatz in Vordermühle ein. Da ist man schon stolz, wenn alles reibungslos über die Bühne gegangen ist. Oder der Reetdach-Brand in Alfen. Da wurde uns auch von anderen Fachleuten bestätigt, dass der Einsatz gut funktioniert hat. Wir wurden gelobt, dass wir das Feuer gut unter Kontrolle hatten und so verhindern konnten, dass sich der Brand weiter ausbreitet und auf andere Gebäudeteile übergreift.
Das wichtigste ist immer, dass alle Kameradinnen und Kameraden nach einem Einsatz wieder gesund nach Hause kommen. Wenn das der Fall ist, bin ich zufrieden.
13. Gab es auch schon kuriose Begebenheiten bei Einsätzen?
(überlegt) Jeder Einsatz ist ja speziell. Ja, doch, da erinnere ich mich an einen Hund. Wir waren zu einem Dachstuhlbrand ausgerückt. Der Einsatz wurde wie üblich abgewickelt, alle Personen wurden gerettet, das Feuer gelöscht usw. Wir waren noch mit den Nachlöscharbeiten beschäftigt. Dabei öffnete ein Kamerad eine verschlossene Zimmertür im Gebäude und im Rauch saß ein Hund, der die ganze Zeit keinen einzigen Laut von sich gegeben hatte. Ein Nachbar kümmerte sich anschließend um den Hund und konnte ihn nicht wieder hergeben. Er stellte irgendwann trocken fest: „Jetzt habe ich wohl einen Hund.“
14. Haben die Löschgruppen in und um Wipperfürth genügend Nachwuchs?
Ja, momentan haben wir recht viel Nachwuchs. Die Jugendfeuerwehr hat guten Zulauf und es gibt auch immer wieder Quereinsteiger, die schon etwas älter sind. Aber wir freuen uns natürlich über alle, die noch dazukommen und unsere Löschgruppen unterstützen möchten.
15. Was unternehmen Sie aktiv, um schon bei den Kindern das Interesse am Beruf der Feuerwehrfrau bzw. des Feuerwehrmanns zu wecken?
Die Kindergärten besuchen gerne die Feuerwache und die Feuerwehrgerätehäuser in den Dörfern. Teilweise kommen auch Grundschulklassen im Rahmen der Brandschutzerziehung zu uns. An der Realschule gab es während der Projektwoche sogar schon eine Feuerwehr-AG. Und dann bieten die verschiedenen Löschgruppen regelmäßig ihren Tag der offenen Tür an.
16. Wie hoch ist der Frauenanteil bei der Feuerwehr im Stadtgebiet?
Wir haben derzeit insgesamt zehn Frauen in den Löschgruppen.
17. Werden die Belange der Frauen besonders berücksichtigt, zum Beispiel beim Bau oder Umbau von Gerätehäusern?
Ja, seit dem Umbau des Feuerwehrgerätehauses in Wipperfeld sind nun alle Räumlichkeiten so hergerichtet, dass für die Frauen separate sanitäre Anlagen vorhanden sind. Es gibt auch spezielle Einsatzkleidung für die Kameradinnen.
18. Gibt es bei Einsätzen im Stadtgebiet oft Probleme mit Gaffern?
Zuschauer gibt es eigentlich immer. Meistens hilft es dann schon, wenn man den Personen deutlich sagt „Gehen Sie bitte!“ Teilweise regelt das dann auch die Polizei. Richtige Probleme damit haben wir in Wipperfürth aber bisher nicht.
19. Was war und ist Ihre persönliche Motivation, bei der Feuerwehr zu arbeiten?
Einmal Feuerwehrmann, immer Feuerwehrmann! Es macht mir einfach Spaß und meine Familie steht auch zu mir, das ist dabei auch ganz wichtig.
20. Wobei können Sie nach einem Einsatz besonders gut abschalten?
Am besten klappt das zu Hause in unserem Garten, wenn ich den Rasen mähe oder im Gewächshaus arbeite. In unserem Strandkorb genieße ich gerne den Sonnenuntergang und kann dabei in aller Ruhe mit meiner Frau reden, wenn mich etwas beschäftigt.
Herr Rothmann, herzlichen Dank für das Interview!
(Das Interview führte die Redaktion.)